Die vier Apostel
von Günter Schmidt-Klör

Es sollte das letzte und vielleicht wichtigste monumentale
Werk des Nürnberger Malers Albrecht Dürer werden. Im Jahr
1526, also zwei Jahre vor seinem Tod, schenkte er das Bild
dem Nürnberger Rat, mit der Mahnung das Bibelwort zu achten
und sich vor falschen Propheten zu schützen.

Auf den beiden überlebensgroßen Tafeln sind die vier Apostel abgebildet.
Dicht gedrängt stehen die Figuren und füllen das Bild, welches zu den mittelalterlichen „Gerechtigkeitsbildern“ gezählt werden kann. Dürer zeigt (von links) den Apostel Johannes, der in ein offenes Buch blickt. Daneben der Apostel Petrus mit einem goldenen Schlüssel. Auf der rechten Tafel der Evangelist Markus mit einer Schriftrolle und den Apostel Paulus mit Schwert und geschlossenem Buch.

Fast 500 Jahre später, also in der Gegenwart schuf der Maler und Bildhauer Günter Schmidt-Klör eine neue und zeitgemäße Interpretation des Werks. In einer Collage-Technik mit Öl und Kreide zeigt er die Apostel in Fetzengewändern auf rissigem Boden, als wären sie in Auflösung begriffen. Was ist geblieben von der Mahnung Dürers? Ratlos blicken Johannes und Petrus in das kaum mehr sichtbare offene Buch. Der goldene Schlüssel verschwindet fast. Auf der rechten Tafel schaut Markus fragend zu Paulus, der ohne Schwert gezeigt wird. Sie bilden eine notdürftige Erscheinung. Die Ereignisse haben ihre Spuren hinterlassen, die Welt scheint entgleist.

Die Veränderung ist der Inhalt jeglichen Lebens. Ohne die stetige Erneuerung gäbe es keine Existenz. Doch wie geht man damit um, wenn Werte an Bedeutung verlieren und der Schein an deren Stelle rückt. Ratlosigkeit macht sich breit, wie bei den vier Aposteln.
Ein Bild, das mehr als ein Hinweis ist. Wie das Original von Dürer ist es eine erneute Mahnung, sich auf das zu besinnen, was heute im Schatten des Fortschritts steht. Denn gieriges Streben nach Vergänglichem und der Wunsch, sich von allen Fehlern frei machen zu können, haben Inhalte zerstört und unserer Welt den Glanz genommen.

„Die vier Apostel“ sind ein Dokument unserer Zeit. Eine Hoffnung auf Rückbesinnung nach Werten, die aus dem Leben erwachsen und für Gerechtigkeit und Freiheit sorgen in einer Welt, die dem Einzelnen genügend Platz einräumt.